Eines von vielen möglichen Rezepten für gute Virals kann man folgendermaßen umschreiben:
1. Ein Clip mit zwei bis drei memetischen Triggern
2. Eine originelle Verbindung zum aktuellen (Alltags-)Zeitgeschehen
3. …durch Nutzung von Promis, die unbedingt Aufmerksamkeit brauchen und die…
4. …billig zu haben sind.
Wie die Köche der US-Versicherungsfirma “Nationwide” daraus ein so leckeres Gericht bereitet haben, dass man mit der Zunge schnalzen möchte, zeigt dieser Spot:
Na, haben Sie die drei verwendeten memetischen Trigger identifizieren können?
Falls nicht, erkläre ich Ihnen gerne, welche es sind. Es kostet Sie nur eine Email.
(Gefunden bei:The Superficial)
Am 2. Februar 2007 um 11:10 Uhr
[…] Dieser Viralspot kann seine metischen Trigger meiner Ansicht nach nur hier verbreiten, wenn man die Hauptfigur hierzulande kennen würde. Desweiteren würde er hier nicht funktionieren, weil wir keinen amerikanischen Traum (auch nicht umgekehrt) verfolgen. […]
Am 4. Februar 2007 um 01:28 Uhr
hi,
folgende assoziationen sind meiner meinung nach über trigger mit dem produkt verbunden: 1. sex/begehrtheit
2. reichtum, geld 3. sicherheit.
Um an meinen Vorredner anzuschließen: Die Hauptfigur muss hierzulande garnicht unbedingt bekannt sein. Wenn sie dem Rezipienten beakannt ist, hilft das natürlich unter Umständen, ist aber für das funktionieren der Trigger nicht notwendig. In diesem Fall erschließt sich die Rolle der Hauptfigur ja aus dem Kontext. Wichtig sind im wesentlichen die Trigger die transportiert werden.
Ich hoffe ich habe das Konzept ungefähr verstanden.
CU
Am 6. Februar 2007 um 13:45 Uhr
Zum ersten Kommentar möchte ich noch kurz etwas einwerfen: Die Aussage, dass DIESER Spot hier evtl. nicht funktioniert kann ich nachvollziehen (obwohl K-Fed in gewissen Zielgruppen durchaus bekannt ist, Leidtragender aufgrund mangelnder Bekanntheit ist hierzulande wohl eher Nationwide). Jedoch geht es in dem Beitrag um das Rezept und nicht um den Spot.
Auf die deutsche Medienlandschaft gemünzt würde ein solches Rezept meiner Meinung nach sehr gut funktionieren, beispielsweise mit semiprominenten DSDS/Popstars/BigBrother Kandidaten.
Am 6. Februar 2007 um 20:47 Uhr
@Kolbenfresser:
Die von Dir genannten Sinnkombinationen sind keine memetischen Trigger – aber wenn Du mir Deine Email-Adresse da lässt, sage ich Dir gerne, welche es wirklich sind.
@Stefan:
Danke, so sehe ich das auch – siehe mein Kommentar beim Werbebblogger.
Am 7. Februar 2007 um 12:46 Uhr
Hi Markus, ich weiß, Ihr habt’s bei den Memetischen Triggern sehr mit der Geheimnistuerei – fiel mir damals schon in Köln bei der Konferenz auf. Ehrlich gesagt finde ich aber dieses ständige Rumwedeln mit der geheimnisvollen Karotte „Memetische Trigger“ ein wenig albern. Entweder, Du hast was dazu zu erzählen, dann los. Sicher nicht uninteressant. Dazu würde ich gern mal eine Debatte hier auf dem Blog erleben. Oder aber nicht. Dann lass es einfach. Aber hier 9Live Methoden mit Response-Reflex-Mechanismen unter den ahnungslosen Lesern zu probieren, ist doch ein wenig dünn… Dass die memetischen Trigger das Staatsgeheimnis sind, das nun eine virale Werbekampagne automatisch zum Megaknüller macht und für Euch einen unschätzbaren Wettbewerbsvorteil bringt, nehme ich Dir jedenfalls nicht ab. Zumal die Memetik meiner Kenntnis nach nicht viel mehr ist als eine Theorie, ohne empirische Befunde. Daher fänd ich umso spannender, wenn das hier ma diskutiert werden könnte. Denn dafür sind Blogs da – Einladung zur Diskussion.
Am 7. Februar 2007 um 17:50 Uhr
Hallo,
da ich für meine Diplomarbeit versucht habe, das Gebiet der Memetik zu erfassen und daraus Erkenntnisse für erfolgreiches Anregen von Mundpropanda abzuleiten, möchte ich einfach mal meinen Tipp zum Besten geben.
Ob es nun genau drei memetische Trigger sein, weiss ich dabei nicht. Beim Betrachten des Clips fällt mir als erstes auf, dass ich mich über den träumdenen Pommes-verkaufenden Suffkopp und Ex von Mrs. Spears (schaden)gefreut habe. Demnach also aus der Evolutionspsychologie stammend. Beim zweiten und dritten Mal fand ich den Clip schon nicht mehr sooo toll, was daran liegen könnte, dass ich bereits während des Music-Videos weiss, was gleich passieren wird. Mein Aufklärungsbedürfnis für den mir nicht mehr unbekannten Verlauf des Virals ist gesunken, die Story demnach nicht mehr mysteriös und interessant, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Als „halben“ Grund mich mit dem Video auseinanderzusetzen ist der Gedanke „Vom Luxus zum Tellerwäscher“, ausgelöst durch das blaue fromschöne Sparschwein. Allerdings spielt dieses Bedürfnis „Sicherheit“ keine tragende Rolle für mich. Was allerdings meiner Meinung nach sehr auffällig ist: Wo ist der konkrete Bezug zum eigentlichen Produkt/Leistung…? Meine Aufmerksamkeit gilt dem Clip und dessen Unterhaltung, der eigentlich zu vermarktenden Leistung aber nahezu kaum…
Am 9. Februar 2007 um 12:20 Uhr
@Felix: wäre es möglich, dass du mir deine Diplomarbeit mal zuschickst? Ich schreibe grade meine Magisterarbeit über das Thema Viral Clips und da der Punkt Memetik dort eine zentrale Rolle spielen wird…!
Am 9. Februar 2007 um 12:23 Uhr
@Lorenz: Ich kann derzeit leider noch nichts schicken, da ich die Arbeit in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen schreibe und nach Fertigstellung noch entschieden werden muss, welche Teile ich weiterleiten oder ggf. zum Download bereit stellen darf.
Am 9. Februar 2007 um 15:25 Uhr
Hallo Martin,
„Wir“ (im Moment bin ich noch der einzige Autor hier…) haben’s bei den memetischen Triggern gar nicht mit der Geheimnistuerei. Ich sage nur nicht jedem alles und sofort. Schließlich ist die entsprechende Fachliteratur aus den Bereichen Evolutionspsychologie bis Soziobiologie ja für jeden offen – und m. A. nach außerdem Pflichtlektüre für Profis, die ansteckende Werbeideen entwickeln wollen. Mit der Beachtung von Sean Cartons fünf spontanen Regeln ist es jedenfalls nicht getan, denn das ist nur eine Ausschlussliste, die sich zudem exklusiv auf die persönlichen Erfahrungen des Autors stützt.
Außerdem: Würde ich die memetischen Trigger, also meine „eigene Anleitung“ gleich mitliefern, hätte der Eintrag seinen Zweck verfehlt. Schließlich will ich auf dem Blog hier eine lebendige Diskussion entstehen lassen, bevor eine „offizielle Auflösung“ eine solche schon im Keim erstickt. Dies hier soll Leute interaktiv zum mitmachen anregen, keine reine Dozentenveranstaltung sein (dazu gibt es die Interviews und Video-Vorträge). Von „geheimnisvoller Karotte“ oder gar 9Live-Methoden kann also gar keine Rede sein – genauso wenig wie von „ahnungslosen Lesern“, einem Statement, mit dem Du mich dann doch persönlich auf die Palme bringst. Denn ob Du es glaubst oder nicht – ich habe insgesamt 10 Mails erhalten, einige davon von Studenten und Werbe-Praktikanten (!), von denen 2 mit ihren Lösungsversuchen 2 von 3 Triggern getroffen haben.
Deinen impliziten Wunsch nach „Auflösung“ der Trigger finde ich aber verständlich. Schließlich habe ich ja vom ersten Tag an Substanz für diesen Blog versprochen und will diese auch liefern. Voila, hier sind die eingesetzten Trigger nach DSG-Klassifikation:
1) Haupt-Trigger Z 01: Einbettung ins Zeitgeschehen (hier: Britney vs. Kevin-Diskussion in USA, daher funktioniert der Clip auch dort besonders gut)
2) Haupt-Trigger E 04: Schadenfreude (hier: Jeder macht sich gern über den faulen, reichen Kevin lustig, der bald vielleicht nicht mehr reich ist)
3) Sub-Trigger S 03: Selbstironie / Herabsetzung / Verniedlichung (hier: K-Feds Selbstveräppelung nimmt die entstehende soziale Schärfe weg)
Im übrigen: Ein psychologisch solider und in der Praxis bewährter Baukasten aus memetischen Triggern ist durchaus ein Wettbewerbsvorteil für „Viral Werbende“, auch wenn Du dies in Deinem Posting anzweifelst. Wie unsere Auswertungen (die wir übrigens auch noch einmal zum Gegenstand eines Blogeintrages machen werden) zeigen, steigt durch den Einsatz der Trigger jedenfalls deutlich die Wahrscheinlichkeit, dass Inhalte weitergegeben werden. Das arithmetische Mittel für den Weitergabe-Koeffizienten liegt mit Einsatz memetischer Trigger (über alle DSG-Kampagnen) bei 1:6,5. Dies ist ein solider und statistisch relevanter Vorteil gegenüber dem „Grundrauschen“ für replizierbare Botschaften, das laut diverser Studien, die auch schon auf Deinem eigenen Blog Erwähnung gefunden haben, bei 1:1,5 bis 1:2 liegt. Einzelne Kampagnen (siehe Ron Hammer oder K-Fee) haben sogar schon Werte über 1:10 erreicht.
Zum Thema Memetik selbst: Die Memetik ist in der Tat „nur eine Theorie“. Wie wir als Wissenschaftler aber beide wissen, ist eine „Theorie“ ja schon mal ein ziemlich fortgeschrittenes Konstrukt – siehe dazu auch dieses kleine Essay hier. Die Memetik ist außerdem in der Tat nicht empirisch ausgerichtet – was aber in Ihrer Natur als Meta-Wissenschaft liegt. Denn die Memetik bildet ein verständnis-zentriertes Rahmenwerk für Erkenntnisse aus Bereichen von Evolutionspsychologie, Neurologie, Soziobiologie und sogar Linguistik und Philosophie – ganz ähnlich wie Charles Darwins Evolutionstheorie dies für Erkenntnisse aus Biologie, Geologie, Tektonik, Radiophysik usw. tut. Genau wie die Evolutionstheorie liefert sie dabei, wie es sich für eine gute Theorie gehört, Modelle für natürliche Phänomene (z.B. die Verbreitung von Ideen, Moden und Sprachen) und testbare Voraussagen für die Zukunft ( z.B. die Prognose vom Aufblühen und der nachfolgenden starken Reduktion von Homosexualität!).
Dass durch den Einsatz memetischer Trigger sicherlich jede Kampagne zum magisch-automatischen Erfolg wird, hier übrigens auch nie jemand behauptet – jedenfalls ebenso wenig wie Du behauptest, dass Mund-zu-Mund-Propaganda automatisch jedes Produkt zum Verkaufsknüller erhebt, gell ;)?. Es geht uns doch allen immer nur um die Steigerung von Wahrscheinlichkeiten.
Am 27. Februar 2007 um 21:42 Uhr
„Dies hier soll Leute interaktiv zum mitmachen anregen, keine reine Dozentenveranstaltung sein“ – Hm. Also ich weiß nicht. Gerade wenn man „Aufgaben stellt“ und Leute „zum Mitmachen“ anregt, kommt man arg „dozentig“ rüber, finde ich. Ich kenne das bei den Blogs eher so, dass man sich mit seinem Wissen zur Verfügung und der Diskussion stellt, um dann zu sehen, was passiert. Aufgaben zu stellen, mag aber vielleicht der neue Weg zum interaktiveren Bloggerfolg sein… Wer weiß.
Was die memetischen Trigger angeht: da wird empirisch schlecht nachzuweisen sein, wie sie in Isolation oder auch gemeinsam wirken, denn man kann ja die Verwendung des Triggers nur schlecht von der ihn verpackenden Idee trennen. Insofern werde ich wohl an meiner Skepsis festhalten. 😉 Ich sehe das eher als Euer Verkaufstool für die Öffentlichkeit an. Mir sagte mal ein erfahrener Werbe-Pitch-Gewinner: „Sie brauchen in ihrer Präsentation mehr katholische Kirche.“ Mit anderen Worten: mehr Mystik. Ein Kunde soll nicht alles verstehen. Wenn es was gibt, was der Kunde nicht so 100%ig versteht, was irgendwie mysteriös klingt, dann lässt das die Agentur automatisch kompetenter aussehen. Ihr wollt virale Filme verbreiten, und damit das irre kompetent klingt, macht Ihr da Bohei mit memetischen Triggern. Das ist Eure Mystik. Ist schon recht, muss man wohl so machen…
Was Deine Wissenschaft betrifft: was wissenschaftelst Du denn? Auch Doktorarbeit? Wenn ja, wo und was? Oder schon promoviert? Würd‘ mich interessieren!
Ich habe allerdings, das muss ich dazu sagen, immer mit der Sorte Wissenschaft meine Probleme, die sich große Mühe macht, alles möglichst kompliziert auszudrücken. Ich weiß, das ist unter Wissenschaftlern große Mode. Aber anstatt „Das arithmetische Mittel für den Weitergabe-Koeffizienten liegt mit Einsatz memetischer Trigger (über alle DSG-Kampagnen) bei 1:6,5.“ kann man doch auch einfach sagen „Bei unseren Kampagnen werden die Filme im Mittel an 6,5 Personen weitergeleitet.“ Ich mag das nicht so, wenn man Sachen künstlich kompliziert klingen lässt. Aber wie gesagt – packt mal ruhig Eure Mystik dazu und lasst die Sache kompliziert aussehen. Wenn Euch das einen Wettbewerbsvorteil verschafft, dann nur zu.
Und was die Mundpropaganda bertrifft: ich würde jederzeit und immer ganz standfest behaupten, dass Mundpropaganda ein Produkt immer zum Verkaufsknüller macht! Absolut! Ob wir so eine Mundpropaganda für jedes Produkt auch ANREGEN können, das muss man diskutieren. Bei vielen Produkten geht’s einfach nicht – wer Nachläufer oder Me-Too ist, der hat einfach wenig Chance bei der Mundpropaganda. Aber wenn sie erstmal ordentlich da ist, dann macht sie ein Produkt auch zum Kassenschlager. Garantiert.
Am 28. Februar 2007 um 11:40 Uhr
„Bei vielen Produkten geht’s einfach nicht – wer Nachläufer oder Me-Too ist, der hat einfach wenig Chance bei der Mundpropaganda.“
Da haben die Jungs von Skype wohl Glück gehabt als ihr Me-Too mithilfe von Mundpropaganda erfolgreicher als jeder Vorgänger wurde…
Ich hab zwar keine Doktorarbeit sondern lediglich eine Diplomarbeit vorzuweisen, aber ich möchte mich mal soweit aus dem Fenster lehnen und behaupten, dass GERADE MeToo von Mundpropaganda profitieren (Beispiele reichen vom StudiVZ bis zu millionenschweren Kinoproduktionen). Ganz banal ausgedrückt: Ich nehme einfach die Ressourcen die ich für Forschung und Entwicklung einspare und stecke diese in meine Kommunikationsmaßnahmen. Und dass es möglich ist Mundpropaganda anzuregen, dass steht für mich außer Frage, für diesen Nachweis hab ich drei Monate meines jungen Lebens geopfert 😉
Am 28. Februar 2007 um 18:54 Uhr
Hallo Martin,
Danke für Dein Feedback – zum Diskutieren und Meinungen tauschen sind Blogs ja da.
Aber jetzt mal Tacheles:
„Was die memetischen Trigger angeht: da wird empirisch schlecht nachzuweisen sein, wie sie in Isolation oder auch gemeinsam wirken, denn man kann ja die Verwendung des Triggers nur schlecht von der ihn verpackenden Idee trennen.“
Muss man auch gar nicht, das Trennen. Denn der Trick ist ja, die Werbeidee so zu gestalten, dass sie memetische Trigger ENTHÄLT – und eben nicht, „Trigger um eine Idee herum zu packen“.
Bezüglich des empirischen Nachweises bei Kombination verschiedener Trigger: Na, so kreativ wirst Du doch sein, dass Du Dir denken kannst, wie man Triggerkombinationen empirisch auf Unabhängigkeit testen kann, oder? Wenn nicht, hat dieser Herr hier eine nette kleine Einführung.
„Insofern werde ich wohl an meiner Skepsis festhalten.“
Das sei Dir unbelassen – wobei Du im wissenschaftlichen Sinne, den Du ja weiter unten betonst, zumindest an der Projektions-/Vorhersagekraft unserer Hypothesen auf reale Ergebnisse interessiert sein solltest. Ansonsten gleicht Deine Skepsis eher
der rechten Seite dieses Diagramms als der Linken. Kann man natürlich auch machen :).
„Ich sehe das eher als Euer Verkaufstool für die Öffentlichkeit an.“
Auch das bleibt Dir unbelassen. Wobei Du mit „unser“ die DSG meinst?
„Mir sagte mal ein erfahrener Werbe-Pitch-Gewinner: „Sie brauchen in ihrer Präsentation mehr katholische Kirche.“ Mit anderen Worten: mehr Mystik. Ein Kunde soll nicht alles verstehen. Wenn es was gibt, was der Kunde nicht so 100%ig versteht, was irgendwie mysteriös klingt, dann lässt das die Agentur automatisch kompetenter aussehen.“
Sollte das so sein, würde das ja nur für die Validität des Triggers „Mystizismus vs. Aufklärung“ sprechen, oder…? Ah, ich liebe ein gutes Paradoxon :).
„Ihr wollt virale Filme verbreiten.“
Das (und wieder bezieh ich das „Ihr“ implizit auf die DSG, obwohl ICH Autor des Blogs bin…) ist faktisch falsch. Obwohl viele DSG-Kampagnen mit Filmen arbeiten (gerade die, welche auf der Website veröffentlicht werden), arbeiten „wir“ auch häufig mit Gerüchten, Soundclips, Bildern etc. etc. Was die DSG will, ist, „übergreifende freiwillige Kommunikation“ über ein Produkt oder eine Marke zu erzeugen, welche dieser weiterhilft. Der gewählte Container sowie die gewählten Trigger richten sich dabei nach den strategischen Zielen und Herausforderungen – und können durchaus mal eine Mundpropaganda-Aktion beinhalten, wenn sich diese anbieten würde!
„Was Deine Wissenschaft betrifft: was wissenschaftelst Du denn? Auch Doktorarbeit? Wenn ja, wo und was? Oder schon promoviert? Würd‘ mich interessieren!“
Na, rieche ich da eine subtile logische Falle in Form einer Ad-hominem-Attacke oder gar ein „Argument from Authority“ bezüglich Deines Doktortitels? Tststs, da muss ich aber metaphorisch mit dem Zeigefinger wackeln – Du weißt schon, dass damit selbst Carl Sagan seine Probleme hatte und das Erkennen und Vermeiden dieser logischen Fallstricke deshalb zu wichtigen Instrumenten in seinem „Baloney Detection Kit“ gemacht hat. Aber ich gehe im weiteren Mal davon aus, dass Du Dich wirklich nur nett erkundigen willst, was ich so treibe :)…
Fakt ist, dass ich in Vorbereitungen zu einer Doktorarbeit stecke (unter anderem helfen mir einige prominente Memetiker dabei 😉 ). Wie Du aber wahrscheinlich aus eigener Erfahrung weißt, ist die Koordination eines solchen Unterfangens mit täglicher Arbeit nicht ganz einfach – obwohl ich mit zwei viel versprechenden Doktorvätern „verhandle“, stehen noch einige Vorschriften der jeweiligen Universitäten im Weg.
Allerdings bleibt hoffentlich klar, dass die drei Buchstaben „PhD“ hinter dem Namen ohnehin nicht bedeuten, dass der Träger wissenschaftlicher denkt oder kompetenter ist als ein bloßer Diplominhaber – das beweisen uns ja immer wieder Leute wie Dr. Jaques Beneviste, Dr. John Mack, Dr. Gary Schwarz … sowie diverse Nobel-Preis Gewinner – während Menschen wie James Randi, Arthur C. Clarke, oder Martin Gardner zeigen, dass man auch ohne Doktortitel jede Menge für wissenschaftliche Denke tun kann…
„Ich habe allerdings, das muss ich dazu sagen, immer mit der Sorte Wissenschaft meine Probleme, die sich große Mühe macht, alles möglichst kompliziert auszudrücken.“
Ich auch. Aber auch mit der Sorte, die komplexe Sachen zu stark vereinfachen will – denn das endet leider oft in Pseudo-Wissenschaft.
„Ich weiß, das ist unter Wissenschaftlern große Mode. Aber anstatt „Das arithmetische Mittel für den Weitergabe-Koeffizienten liegt mit Einsatz memetischer Trigger (über alle DSG-Kampagnen) bei 1:6,5.“ kann man doch auch einfach sagen „Bei unseren Kampagnen werden die Filme im Mittel an 6,5 Personen weitergeleitet.“
Dann könnten es auch der Modus oder der Median sein – Präzision im Ausdruck ist mir bei aller Flapsigkeit schon wichtig. Solltest Du Dich an dem Wort „Koeffizient“ stören – das ist meiner Ansicht nach nun wirklich im durchschnittlichen Wortschatz verankert. Oder liege ich da falsch?
„Und was die Mundpropaganda betrifft: ich würde jederzeit und immer ganz standfest behaupten, dass Mundpropaganda ein Produkt immer zum Verkaufsknüller macht! Absolut!“
Okay – das ist ja im wissenschaftlichen Sinne tatsächlich mal eine testbare Aussage. Bist Du sicher, dass Du die so, ohne weitere Einschränkungen (jetzt hätte ich doch glatt fast das Wort „Nebenbedingungen“ benutzt… Puh!) stehen lassen willst?
„Ob wir so eine Mundpropaganda für jedes Produkt auch ANREGEN können, das muss man diskutieren. Bei vielen Produkten geht’s einfach nicht – wer Nachläufer oder Me-Too ist, der hat einfach wenig Chance bei der Mundpropaganda.“
Dazu hat „Stefan“ ja schon einen tollen Kommentar hinterlassen…
„Aber wenn sie erstmal ordentlich da ist, dann macht sie ein Produkt auch zum Kassenschlager. Garantiert.“
…wie der unglaubliche Kassenerfolg von Snakes-on-a-plane ja ganz eindeutig beweist. Aber hey, immer hin hast Du ja direkt NACH dem ersten Kassenwochenende eine Prognose gewagt.
Am 3. März 2007 um 18:23 Uhr
Ui, nun gibt’s ja viel Text. Also dann.
„Aber jetzt mal Tacheles“
Prima, dass Du auch damit anfängst. Bei mir gibt’s eigentlich immer Tacheles.
„empirischen Nachweises bei Kombination verschiedener Trigger“
Faktoranalyse etc., gern. Aber das Problem besteht meiner Ansicht nach darin, dass Du – wenn Du eine Werbeidee veränderst, indem Du einen Trigger weglässt oder den anderen hinzufügst – in den meisten Fällen gar nicht anders kannst, als auch andere Aspekte an der Werbung zu verändern. Und da stellt sich mir die Frage, auf welchem theoretischen Hintergrund Du sämtliche (will sagen: ausnahmslos alle) Faktoren, welche die „Viralität“ eines Spots beeinflussen, identifizierst, dann ihre Veränderung misst, und schließlich sauber ermittelst, welchen Anteil dabei die verschiedenen memetischen Trigger haben. Aber Du scheinst da ja guter Dinge zu sein, und daher will ich gern gespannt auf die Ergebnisse warten.
„zumindest an der Projektions-/Vorhersagekraft unserer Hypothesen auf reale Ergebnisse interessiert sein solltest“
Na absolut! Ich habe gesagt, dass mein Skepsis bleibt. Von Desinteresse habe ich nie geschrieben! 🙂
„Wobei Du mit “unser” die DSG meinst?“
Genau. Du machst in Deinem Kommentar mehrfach den Unterschied zwischen Dir und DSG. Dass Du als Mensch nicht ein Unternehmen bist, verstehe ich wohl. Aber Dienstleistungsunternehmen leben eben mit und von ihren Protagonisten. Ich hatte Dich in der Öffentlichkeit (fälschlicherweise?) immer als Vertreter von DSG wahrgenommen. Ihr wart ja damals auch in Köln zusammen aufgetreten. Daher nehme ich an, dass Du eine Interesse daran hast, die Dienstleistung von DSG bekannter zu machen. Wenn das nicht korrekt ist, dann ist das natürlich auch interessant. Das kannst Du ja einfach mal erzählen? Bist Du denn nun bei DSG oder nicht?
„würde das ja nur für die Validität des Triggers “Mystizismus vs. Aufklärung” sprechen, oder…?“
Inwieweit das für diesen oder jenen Trigger spricht, kann ich nicht sagen. Denn es geht mir nicht um memetische Trigger, sondern darum, dass manche Sales-Taktiken wohl zu funktionieren scheinen. Ob eine funktionierende Sales-Taktik damit auch memetisch wirkt, wirst Du besser erklären können.
„Na, rieche ich da eine subtile logische Falle in Form einer Ad-hominem-Attacke oder gar ein “Argument from Authority” bezüglich Deines Doktortitels?“
Tja. Ich staune: Ist immer schlecht, wenn man von sich auf andere schließt. Ich hatte bislang gedacht, dass Du in Sachen Vermarktung viraler Filme etc. unterwegs bist. Nun lese ich hier, Du seist Wissenschaftler. Also frage ich interessiert nach: „Hey, was für Wissenschaft?“ Als Antwort bekomme ich einen metaphorischen Zeigefinger (an dem eigentlich nichts metaphorisch ist, denn Du hast ihn ja eigentlich ganz wörtlich gemeint) und eine Unterstellung niederer Absichten? Da sage ich: Tststs. Und nochmal: nicht von sich auf andere schließen. Außerdem habe ich nie behauptet, ich hätte einen Doktortitel. Auch ich bin damit letztlich nicht weiter als Du – ich arbeite dran.
„Allerdings bleibt hoffentlich klar, dass die drei Buchstaben “PhD” hinter dem Namen ohnehin nicht bedeuten, dass der Träger wissenschaftlicher denkt oder kompetenter ist als ein bloßer Diplominhaber“
Zwei Probleme hier: 1.) PhD ist nicht gleich Doktortitel. Als ausgemachter USA-Experte müsstest Du das doch wissen. 2.) Ich habe nie behauptet, dass man einen Doktortitel haben muss, um wissenschaftlich zu denken. Aber wenn man sich Wissenschaftler nennt („Wie wir als Wissenschaftler aber beide wissen“), dann legt man die Vermutung nahe, dass man sich ganz besonders mit der Wissenschaft befasst. Und das hat mich neugierig gemacht. Ich würde mich übrigens nicht als Wissenschaftler bezeichnen. Sondern eher als Praktiker, der sich derzeit sehr darum bemüht, eine möglichst gute wissenschaftliche Arbeit zu erstellen.
„Solltest Du Dich an dem Wort “Koeffizient” stören – das ist meiner Ansicht nach nun wirklich im durchschnittlichen Wortschatz verankert. Oder liege ich da falsch?“
Leider kenne ich den durchschnittlichen Wortschatz nicht. Ich finde es nur besser, wenn man eine möglichst einfache Sprache benutzt. Ohne – da stimme ich zu – an Präzision zu verlieren. Und da muss der Begriff Koeffizient nicht unbedingt verwendet werden. Natürlich ist er vielen vertraut, aber manchem eben auch nicht. Und solange sichergestellt ist, dass man die Aussage nicht verfälscht, wenn man auch für jenen verständlich spricht, finde ich persönlich, dass man es dann auch tun sollte. Aber wie mehrfach angedeutet, ist das ja nur meine persönliche Meinung.
„Okay – das ist ja im wissenschaftlichen Sinne tatsächlich mal eine testbare Aussage.“
Das ist sie leider nicht. 🙂 Ich sehe keinen machbaren Versuchsaufbau, der die Aussage wirklich testet, dass Mundpropaganda immer Verkaufsknüller macht. Was ja, nach Popper, ohnehin nicht Ziel der wissenschaftlichen Arbeit sein kann. Sondern Ziel ist es, immer wieder zu zeigen, dass entsprechend einer Theorie aufgestellte Annahmen (‚Hypothesen‘) nicht verworfen werden sollten. Dazu hat es nun in den vergangenen 50-60 Jahren eine Reihe von Hypothesen gegeben, die das von mir Gesagte (wenn auch nicht ganz so begeistert) unterstützen, und die bislang nicht verworfen wurden. Ich würde also nicht behaupten, dass man diese Aussage – mit oder ohne Einschränkungen – genau so wissenschaftich testen kann. Sondern ich sehe sie als Summe der Erkenntnisse einer ganzen Reihe empirischer Studien. Besser so?
„Dazu hat “Stefan” ja schon einen tollen Kommentar hinterlassen…“
Erstmal verstehe ich nicht, warum „Stefan“ Anführungsstriche bekommt, „Markus“. 😉 Was seine These zu MeToo und Nachläufern betrifft: hier hängt vom Standpunkt ab, was man einen MeToo und Nachläufer nennt. Aus meiner Sicht hängt es nicht davon ab, welches Produkt nach Kalenderblatt als erstes auf den Markt kam. Sondern welches in der Wahrnehmung einer relevanten Gruppe von „Mundpropaganda-Erzeugern“ als erstes wahrgenommen wurde. Das wäre also genauer aufzudröseln, was nun MeToo ist und was nicht. Dass es möglich ist, Mundpropaganda anzuregen oder zu unterstützen, damit stimme ich mit ihm überein. Stefan hat dazu drei Monate seines jungen Lebens investiert, ich mittlerweile mehr als drei Jahre, und ich hab’s bisher nicht bereut. 😉
„…wie der unglaubliche Kassenerfolg von Snakes-on-a-plane ja ganz eindeutig beweist.“
Die Aufstellung kriege leider nicht direkt aufsummiert, die Du da verlinkst. Aber für einen absolut finsteren D-Movie, ohne Idee und ohne wirkliche Handlung, hat Snakes On A Plane nun mal echt Erstaunliches eingespielt… Aber viel wichtiger ist eigentlich etwas anderes: Ob Hype auf Blogs und im Internet wirklich das Gleiche ist wie Mundpropaganda, weiß ich persönlich nicht. Beides wird oft gern in einem Atemzug genannt, aber wenn wir in der Beratung mit Kunden reden, dann weisen wir immer darauf hin, dass es die Offline-Mundpropaganda ist, die häufig am wichtigsten ist. Und die habe ich oben auch gemeint. Was online Hype & Buzz bringt, ist nur sehr schlecht zu durchschauen. Ich würde aber (völlig unwissenschaftlich) behaupten, dass die Offline-Mundpropaganda – nachdem die Leute ihn gesehen hatten – für den Film eher schlecht war.
Am 4. März 2007 um 17:59 Uhr
Hallo zusammen,
ich arbeite zwar noch nicht an meinem Dr. oder PhD sondern an meiner Bachelor Arbeit – aber das Thema Empfehlungsanreize / Trigger spielen hier (ähnlich wie bei einigen vorherigen Kommentaren) eine große Rolle. In Kommentar #9 sehen wir das die DSG diese bereits in Haupt und Sub-Trigger kategorisiert hat, was ja nach einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung damit aussieht. Daher würde ich mir einen öffentlichen Austausch zu den bereits bekannten Triggern wünschen, um einer gewisse Vollständigkeit näher zu kommen und die Relevanz der einzelnen Trigger untersuchen zu können.
Außerdem würde mich interessieren ob es Untersuchungen dazu gibt ob Virale Spots ohne Marken und/oder Produktinfo z.B. http://www.dialog-solutions.de/download/debitel.wmv mit den Berlitz Junior, K-Fee etc. bei denen es perfekt integriert wurde jemals mithalten konnten/können? Oder ist das nur ein Notnagel?
In diesem Sinne.
Gruß, Andreas Merkle
Am 9. März 2007 um 17:05 Uhr
Hallo,
man liest viel über Memetik, und ab und zu fällt vor allem hier das Stichwort Trigger – in Anbindung an meinen „Vorrschreiber“ 😉 – worauf bauen Main- und Subtrigger auf, wieviel existieren und wo kann man mehr dazu erfahren. An sich ein Thema was sehr interessant scheint, allerdings fehlt mir der theoretische Hintergrund bzw. eine Ausgangsbasis für ein vollständiges Verständnis, da nur sporadisch Main-Trigger wie Schock, Angst, Schadenfreude angesprochen oder Sub-Trigger erläutert werden.
Für Hinweise die mich zu einem vollen Verständis leiten könnten, wäre ich sehr dankbar 😉
Nicole
Am 12. März 2007 um 13:13 Uhr
Hallo Andreas, hallo Nicole,
In der Tat, es gibt von DSG-Seite aus bereits eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema. Diese besteht aus etwa 20% Feldforschung von meiner Seite aus (hauptsächlich Überprüfung von Hypothesen via Tracking [OVT]), sowie 80% Desktop-Researhch in bestehender Litaratur aus den Bereichen Evolutionspsychologie, Soziobiologie und Neuropsychologie (aus der verbindenden Perspektive der Memetik).
Leider (und das wurde schon in einem anderen Kommentar angemerkt…) ist meine Posting-Frequenz auf dieser Seite durch meine tägliche Arbeit auf ca. 2 Einträge pro Woche beschränkt.
Dies lässt mir wenig Zeit, die „Grundlagen-Sektion“, die eigentlich viel umfangreicher sein sollte, aufzufüllen. Ausserdem werde ich VOR Veröffentlichung meiner Doktorarbeit natürlich nicht alle Trigger nennen, da in diesen eine nicht unerhebliche Arbeit bzgl. Clusterung drinsteckt.
Allerdings kann man sagen:
Aus der entsprechenden Litartur haben wir 8 Haupttrigger plus einem „Allgemeintrigger“ herausgefiltert, die jeweils zwischen 10 und 20 Subtrigger haben. Insgesamt sind es knapp 130.
Und zu Andreas letzter Frage: Ja, Untersuchungen zu „Virals ohne Markennennugn vs. Virals mit Markennenung“ gibt es und ich werde in einem zukünftigen Blog-Eintrag noch einmal näher darauf eingehen.
Beste Grüsse,
– Markus
Am 20. März 2008 um 15:28 Uhr
@Lorenz
Ich schreibe z.Z. meine Bachelorarbeit zum Thema virale Clips. Auch bei mir spielt die Memetik eine zentrale Rolle. Vielleicht könne wir uns dahingehend etwas austauschen. Meine eMail – homemademedia@web.de
Grüße
Marco