Wie schon öfters erwähnt, hat virales Marketing mehr Aspekte, als die virale Kommunikation. Ein entscheidener Vorteil ist es, wenn bereits das Produkt so gestaltet ist, dass es ansteckend wirkt. Eine schöne Auflistung, auf welche Weise Produkte empfehlend wirken können, habe ich in dem neuen Buch von Bernd Röthlingshöfer gefunden, der die Definiton von Emanuel Rosen verwendet. Unter anderem sind das:
- Produkte, die nützlicher werden, je mehr Leute sie benutzen: Das gilt vor allem für Kommunikationsmedien oder Communities
- Produkte, die kompatibel sind: Als bestes Beispiel dient hier das mp3 Format
- Produkte, die das Leben nachhaltig vereinfachen: Google ist eines dieser Produkte, die sich mit einer weißen Seite und einem Eingabefenster auf eine Kerndisziplin konzentriert haben
Weitere Kategorien liest man in einer Leseprobe bei Bernd nach.
Es macht schon etwas Mühe Unternehmensbeispiele zu finden, die hier aufzuführen wären. Eines ist das junge Hamburger Startup Cellity.
Das Unternehmen hat sich das hohe Ziel gesetzt, einheitliche Standards für mobile Endgeräte zu schaffen. Die Gründer haben Anfang des Jahres als erstes Produkt einen Least-Cost-Router (Tarifmanager) für das Handy auf den Markt gebracht. Zur kurzen Verständnis: Das Produkt sorgt im mobilen Tarifjungle dafür, dass man stets mit einer günstigen Verbindung telefoniert. Dadurch soll man bis zu 90% der Verbindungskosten einsparen.
Besonders interessant ist aber – und hier kommen die o.g. Punkte zum tragen – der Cellity Client ist auf jedem Handy universell einsetzbar und kann unproblematisch via Bluetooth weitergegeben werden.
Ein weiteres Produkt ist der kostenlose Free SMS Client, der bis zu 2048 Zeichen pro versandter Nachricht zulässt. Freilich kann nur derjenige eine so lange SMS empfangen, der ebenfalls den 25 kb großen Client installiert hat und bekommt bei einer eingegangen SMS die Einladung, sich den notwendigen Cient herunter zu laden. Dabei fallen abgesehen von dem Datentransfer, keine weiteren Kosten an.
Laut Sarik Weber, einem der Gründer von Cellity, werden mittlerweile ca. 1/3 der Neukunden über eine Weiterempfehlung generiert. Eine erstaunliche Zahl, die aber genau wegen der o.g. Attribute zustande kommt. Cellity schafft durch ihre Produkte einen um so größeren Nutzen, je mehr Menschen daran partizipieren. Die Dienste sind kompatibel und erreichen dadurch eine schnelle und weitreichende Verbreitung.
Vor kurzem haben die Web-Monitoring Spezialisten von ethorithy wieder eine interessante Studie veröffentlich, die die Automobil-Trends im Social Web analysiert. In der Studie haben die Marktforscher Meinungsforscher nach eigener Auskunft die wichtigsten Themen, aufkommende Trends und Kundenbedürfnisse identifiziert, die aktuell in Foren und Blogs diskutiert werden. Laut Ergebnis sind die wichtigsten Themen in Blogs alternative Antriebe. Mehr als 20 % der Gespräche handeln darüber!
Eine Erkenntnis, die die Firma Tesla Motors schon seit längerem erkannt hat. Die kalifornische Autoschmiede fertigt seit einiger Zeit Elektrofahrzeuge der anderen Art. Für Tesla sollen Elektrofahrzeuge in erster Linie Spaß bringen. Und das tun sie wohl auch, wenn man den Zahlen glauben darf:
– Höchstgeschwindigkeit über 200 km/h
– Von 0 auf 100 km/h ca. 4 sek
– Über 320 km Reichweite
– Elektromotor mit umgerechneten 250 PS
Tesla betreibt ein Corporate Blog, dass von dem CEO, dem Leiter Strategie, als auch von Ingenieuren betrieben wird und das den Dialog sehr ernst nimmt. Jeder Blogpost ist überfüllt von Kommentaren und Trackbacks.
Die Fahrzeuge wurden bis zum heutigen Tag zwar noch kein einziges Mal ausgeliefert, aber es existieren bereits gut 500 Reservierungen. Bei einem Fahrzeugpreis von gut 100.000 $ sicherlich kein Produkt für jedermann, aber ein Produkt, dass so ziemlich jeden interessiert und Mundpropaganda anregt. Im Zuge der globalen Erwärmung und CO2 Emission, kommt das Fahrzeug gerade zur rechten Zeit. Der Tesla hat quasi keine Betriebskosten. In Kalifornien soll die passende Solaranlage gleich dazu geliefert werden und Verschleißteile wie Kerzen, Luft-, Benzin- und Ölfilter, Keil- und Zahnriemen entfallen vollständig.
Sinnvolle Innovationen schaffen Mundpropaganda. Vor allem, wenn man alt hergebrachte Gerüchte aus Kraft setzt („Elektroautos machen keinen Spaß!“). Die Enthusiasten des Tesla Roadsters kommen hier von hier aus den Lagern, die früher nichts gemeinsam hatten: Umweltschützer und Rennwagenfreunde, die sich Dank des Tesla jetzt in harmonischer Koexistenz erdulden 😉
Der Tesla in Action:
In einer neuen Rubrik möchte ich auf diesem Blog ein paar Produkte unter die Lupe nehmen, die gut viral funktionieren. Soll heißen, Produkte die ihre Bekanntschaft quasi durch Mundpropaganda verbreiten und dabei auch die viralen Effekte des Webs nutzen. Martin Dräger hat mich neulich auf ein solches Produkt aufmerksam gemacht. Es handelt sich dabei aber nicht um Apples iPhone, oder um Nintendos Wii, oder um irgendein anderes Gadget, sondern um ein – auf den ersten Blick – unemotionales Haushaltsgerät.
Viralmarketing.de proudly presents den Thermomix
Wie bitte? Thermo was? Ganz recht. Der Thermomix ist ein elektrisches Haushaltsgerät der Firma Vorwerk. Ein kleiner Tausendsasser, der nach den eigenen Angaben des Herstellers wiegen, hacken, mixen, rühren, schneiden, schroten, mahlen, pulverisieren, kneten, emulgieren und kochen kann. Als mir Martin davon erzählte, dachte ich im ersten Augenblick: Na ja, Vorwerk, dieser Multilevel-Marketing Laden? Der mit Staubsaugern zu hohen Preisen von Haus zu Haus zieht, um seine Produkte an den Mann zu bringen? Die sollen ein gutes virales Produkt haben?
Nach den ersten Vorurteilen und Google Recherchen staunte ich nicht schlecht. Zum Thema Thermomix findet man Foreneinträge, Blogpostings und sogar eine eigene Community! Die vielfältigen Anwendungs- und Verwendungsmöglichkeiten sorgen für Diskussionsbedarf. Die Nutzer eines Thermomix geben sich gerne als solche zu erkennen. Eine elitäre Gruppe, die eine Haushaltshilfe für immerhin fast € 1000,- ihr Eigen nennt. Unter www.wunderkessel.de diskutieren 5.351 Benutzer über 24.745 Themen in 269.772 Beiträgen! Was macht die Community aus? Ich denke, es handelt sich um eine Gemeinschaft, die auch genauso gut offline funktionieren könnte, wie eine Tupper-Party. Die Leute berichten über die eigenen Erfahrungen und sprechen über die Probleme und ausprobierten Rezepte. Sie profitieren vom Gedankenaustausch und generieren somit für jeden den notwendigen Mehrwert. Über das Web potenziert sich die Tupper-Party auf über 200.000 Gespräche.
Zweifelsohne, der Thermomix polarisiert. Die einen lieben ihn für seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und die anderen hassen ihn, weil er ihnen zu wenig echtes „Koch-Feeling“ aufkommen lässt und schlichtweg zu teuer erscheint.
Aber eines ist sicher, das Gerät sorgt für Dialoge. Schade, dass das scheinbar der Hersteller noch nicht selbst für sich entdeckt hat…