Der Uninitiierte mag sich zunächst einmal fragen:
Was ist das denn – ein Handy mit Geruchspatrone? Und wofür mag es nützlich sein?
Hintergrund: Motorola patentiert ein erstaunliches Feature für zukünftige Mobiltelefone: Handys sollen zukünftig Düfte hervorbringen können. Wie in dem Diagramm unten gezeigt, können durch ein Arrangegemt von chipgesteuerter Heizung und einer speziellen „chemischen Patrone“ Aromen erzeugt und freigesetzt werden.
Hier sehe ich endlich einmal einen potenziellen Durchbruch für die meiner Ansicht nach stagnierende Disziplin des Mobile Marketing. Mit der Addition von olfaktorischen Reizen wird nämlich ein werbliches Priming möglich, das subtil „gute Bauchgefühle“ und eine Aktivierung von Kaufreizen bewirkt – vergleiche dazu auch diesen Artikel. So kann das Handy bewirken, dass Menschen mit der bis zu dreifachen (!) Wahrscheinlichkeit bei „Jacques'“ französischen statt deutschen Wein kaufen. Oder der kombinierte Duft von Lakritze (aktiviert im Hirn die Motivgruppe „Nonkonformität“) und englischem Leder (aktiviert die Motivgruppe „sympathisches Grossbritannien“) den Kauf des Jaguars ganz implizit und unbewusst plötzlich viel wahrscheinlicher macht als den der eigentlich geplanten Mercedes S-Klasse.
Stellen Sie sich beispielsweise vor, Sie laden sich Infos zum nächsten Italien-Urlaub aufs Handy und bekommen gleich eine frische Meeresbrise mitgeliefert – macht das nicht sofort Lust, wegzufahren anstatt darüber nachzudenken, ob Sie sich das auch leisten können? Oder sie sitzen im Reisebüro (was der Location Tracker ihres Handys feststellt…) und bekommen plötzlich den subtilen Duft von französicher Bouillabaisse oder von Cognac in die Nase. Anstatt nach Kairo zieht es Sie plötzlich nach La Rochelle…
Kingt das nach Traum oder nach Alptraum? Was auch immer ihre Präferenz ist – wichtig ist, an dieser Stelle festzuhalten, dass auch das subtilste Priming (das sich auf mehrere visuelle, akustische und olfaktorische Reize stützt) keine Bedürfnisse erschaffen kann – wenn ein Konsument gar nicht in Urlaub fahren will, wird ihn auch der erdigste Italienduft oder die toskanischst klingende Melodie nicht dazu bringen. Durchaus möglich und sehr effektiv ist jedoch die Umleitung bestehender bedürfnisse von einer auf eine andere Marke… wie oben oder auch hier beschrieben.
Welche Push- und Pull-Mechanismen eingesetzt werden könnten, um diese Funktionalitäten
a) ökonomisch weise zu kommerzialisieren
b) dem Konsumenten in seinen Entscheidungen zu helfen ohne ihn zu nerven und
c) auch die Kommunikation zwischen Konsumenten zu einem ganzheitlicheren Erlebnis zu machen (dies ist schliesslich der eigentliche Zweck eines Mobiltelefons…)
stelle ich hiermit zur Diskussion. Was können Sie sich vorstellen?
Quelle: New Scientist