Immer wieder werde ich auf Beiträge wie etwa diesen hier oder diesen hier aufmerksam, die an der Wirkweise von viralen Containern (wie z.B. Clips) zweifeln. Jeder dieser Artikel macht dabei für sich einen hervorragenden Punkt – erweckt aber gleichsam den trügerischen Eindruck, Viral Marketing mit Filmclips lohne sich nicht.
Nun will ich hier sicher nicht das hohe Loblied des „viralen Filmclips“ singen – auch mir wäre es lieber, wenn alle Kampagnen ganzheitlich wären – zum Beispiel a la Ron Hammer. In einer aufeinander abgestimmten Kombination verschiedener memetischer Container (Clips, Bilder, Websites, Gerüchte…) steckt mehr Potenzial zu Weiterempfehlung und abverkaufsrelevantem „Priming“ als in jedem einzelnen Container für sich.
Solche Budgetdimensionen wollen jedoch leider (noch) nicht viele Unternehmen für eine virale Aktion zur Verfügung stellen – dafür ist das Instrument VM in Deutschland noch immer eine zu unbekannte Größe. Für Unternehmen mit weniger grosser Risikobereitschaft oder schmalerem Geldbeutel ist es also gut zu wissen, dass auch einzelne, nicht mit anderen Kampagnenbausteinen vernetzte Container wie Filmclips, Websites oder Games hervorragend performen:
In über 50 von der DSG begleiteten, separaten Clips wurden Reichweiten zwischen minimal 400.000 Viewern und maximal über 7 Mio. Viewern gemessen. Wie hoch die erreichte Gesamtzahl ist, hängt im Wesentlichen von der Art des Seedings, von der Anzahl und Stärke der enthaltenen memetischen Trigger sowie von diversen Umgebungsvariablen (Nachrichtenlage und aktuelles Zeitgeschehen, saisonale Schwankungen etc.) ab.
Das Download-/Viewer-Verhältnis, auch Weiterleitungsquote genannt, beträgt dabei in den ersten Tagen etwa 1:3 bis 1:5, d.h. auf jeden Download eines viralen Clips kommen ca. vier Weiterleitungen. Im weiteren Verlauf der Kampagne wächst dieses Verhältnis häufig auf 1:6 bis 1:10. Hieraus wird ersichtlich, dass eine erfolgreiche Verbreitung zu konstanten Userzahlen führt, obwohl der Inhalt nur noch zu einem geringen Anteil von Internetseiten „herunter geladen“ wird.
So ergibt sich für die meisten Kampagnen ein TKP, der deutlich unterhalb „normaler“ Dialog-Maßnahmen liegt. Setzt man, wie bei einer seriösen TKP-Berechnung üblich, nur die Mediakosten und nicht die Produktionskosten eines Clips als Budget an, ergeben sich TKP um die 10 €, die in erfolgreichen Fällen auf unter 5 € sinken können.
Besonders zu beachten ist hierbei, dass die erreichten Nutzer sich die Inhalte entweder durch Eigeninitiative besorgt (heruntergeladen) oder sie von Freunden und Bekannten empfohlen bekommen haben. Diese Art von Kontaktqualität ist meines Erachtens unique.
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Kapitän am 14.11.2006
Der eine oder andere hat sie ja schon diskutiert, die Ron Hammer Kampagne – eine Hirngeburt von Heimat (Kreation), DSG (virale Verbreitung), Crossmedia (Media) und Hornbach (zahlt alles und macht alles möglich).
Klar, man kann darüber debattieren, ob die Kampagne zu weit geht und journalistische Grundsätze verletzt werden… wobei ich persönlich der Meinung bin, dass machiavellistische Werber sich um journalistische Grundsätze nicht kümmern müssen. Das ist Aufgabe der Journalisten selbst – und letztendlich der mündigen Bürger, die deren Ergüsse konsumieren.
Wirklich relevant sind zur Beurteilung von Werbung doch eigentlich nur zwei Dinge: Entwickelt sie genug Reichweite und psychologischen Impact, um die Marke dort zu positionieren, wo sie hin soll? Und bringt sie ihr damit sowohl kurz- als auch langfristig mehr Käufer?
Ich kann an dieser Stelle einige Zahlen nennen, die zumindest auf die erste Frage eine positive Antwort nahelegen:
- Der Clip hat nach nur 4 Wochen über 2 Mio. Viewer über ein professionelles Seeding und Weiterleitung per Email erreicht
- Nur annähernd 10% davon haben sich den Clip selbst heruntergeladen (siehe Grafik), sind also über das sogenannte Seeding erreicht worden. Damit war selbiges wesentlich erfolgreicher als die Web 2.0-Grössen YouTube oder MyVideo (die insgesamt zusätzlich etwa 55.000 Views verbuchen konnten, allerdings ohne die Möglichkeit die Videos direkt weiterzuleiten)

- Die Weiterleitungsquote des Clips lag folglich bei außerordentlichen 1:11 (d.h. jeder heruntergeladene Clip hat im Schnitt 11 weitere Personen durch persönliche Weiterempfehlung erreicht. Durchschnittliche Kampagnen liegen bei Weiterleitungsquoten von 1:4 bis 1:9)

- Die Diskussion über die Echtheit und „Zulässigkeit“ von Ron Hammer wurde in über 50 Blogs aufgenommen. Dabei kann nachverfolgt werden, dass die Kommentare überwiegend positiv ausfielen und die Positionierung von Hornbach (siehe unten) in die gewünschte Richtung bewegt wurde
- Presse und TV (u.a. DSF, Bravo und die ARD) haben über Ron Hammer berichtet und damit weitere Millionen Zuschauer und „Mit-Diskutierer“ erreicht
- Positive Rückmeldungen lassen vermuten, dass die Positionierungsbotschaft „Hornbach ist verblüffend groß“ verstanden wurde
Was die zweite Frage (kurz- und langfristiger Umsatzerfolg) betrifft, kann ich natürlich bislang nur spekulieren. Aber eine Projektion aufgrund der folgenden Faktoren lässt darauf hoffen, dass sich die (in der Zielgruppe) positive Stimmung zu Ron Hammer auch in Umsätzen niederschlagen sollte:
- Die Kampagne Ron Hammer „primt“ sowohl über den Viral Clip als auch über die Presse-Berichterstattung subtil die Motive „Grösse“, „Abenteuer“, „Leute, die sich etwas trauen“ und „mit Elan herangehen“
- Diese Motive sind psychologisch relevante Differenzierungsfaktoren zwischen verschiedenen Baumärkten und werden m. A. nach dafür sorgen, dass zwischen objektiv austauschbaren Baumärkten eine subjektive Bevorzugung von Hornbach entsteht
Wenn ich mit meiner Einschätzung zur „Erreichung der Umsatzziele“ falsch liege, wissen wir das spätestens mit dem nächsten Geschäftsbericht…
UPDATE (16.11.2006): Genauigkeit des Zahlenmaterials geändert aufgrund neuer Freigaberichtlinien.
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Kapitän am 08.11.2006