Oft hört man Spekulationen darüber, wer die „typischen Zielgruppen“ von Viral Clips sind. Noch häufiger haben Marketer sogar schon festgefügte Meinungen dazu: „Mit Virals erreicht man hauptsächlich Teenager… und das auch noch zum frühen Nachmittag, wenn sie aus der Schule kommen. Sie eignen sich daher brilliant zur Bewerbung junger, hipper Produkte. Für etablierte Marken ist das nichts.“ So hört man es immer wieder. Doch wie sehen die messbaren Daten eigentlich aus?
Die dsg wertete zur Ergründung dieser Frage Zielgruppen-Daten aus über 50 Viral-Clip-Kampagnen aus, die an ein breites Publikum gerichtet waren. Welche Zielgruppen würden bei Kampagnen-Ansätzen mit voller Streuung überproportional stark erreicht werden – und welches Verhalten würden diese Zielgruppen an den Tag legen?
Wie man sehen kann, sind die akkumulierten Zielgruppen aller Clip-Kampagnen zweigipflig verteilt. So sieht man bei den Viral-Clip-Schauern erstaunlich wenige junge Teenager, dafür überproportional viele Jung-Fachkräfte und Studenten (Altersgruppe 25) sowie „Büro-Sozialisierer“ und „Büroclowns“ (im Job startende Akademiker und Mitglieder des Middle Managements, Altersgruppe um 32).
Beim Nutzungsverhalten dieser Gruppen zeigten sich einige Parallelen zur allgemeinen Internetnutzung, wie man es z.B. aus der ARD-Erhebung von 2005 kennt. Allerdings ergeben sich auch einige verblüffend erscheinende Abweichungen. So lassen sich anstatt der typischen Internet-Nutzungskurve drei Peaks über den Tag erkennen:
Der erste Scheitelpunkt zwischen 11.30h und 12.30h wird hauptsächlich von den 30-35-jährigen Berufstätigen verursacht. Diese öffnen unmittelbar vor, während und nach der Mittagspause private Emails an ihren Arbeitsplätzen und sehen sich die darin enthaltenen viralen Werbebotschaften an.
Ein zweiter Peak (üblicherweise der höchste des Tages) ergibt sich aus der Summe von „nachmittäglicher Flaute in Büros“ bei den 30-40-jährigen mit dem Aktivitätspeak von Studenten, Azubis und jungen Berufstätigen (Altersgruppe 20-25).
Der dritte Peak zwischen 20.00h und 22.00h ist das Resultat hauptsächlich privater PC-Nutzung aller Zielgruppen. Insgesamt werden in der zweiten Tageshälfte im Schnitt knapp 60% der Viewer erreicht.
Über den Wochenverlauf betrachtet, ergibt sich von Anfang bis Ende der Woche ein klarer Anstieg der Viewerzahlen, der bis zum Freitag seinen Peak erreicht und dann über das Wochenende wieder abfällt. Auch hierbei gibt es starke Parallelen zur allgemeinen Internetnutzung. Faktoren wie Sommerpause, Jahreswechsel etc. führen oftmals zu starken Varianzen des Userverhaltens im Jahresverlauf und sind daher mit einzukalkulieren.
Behalten Sie im Hinterkopf, daß Viral Clips überdies durch memetisches Design zum Erreichen komplett anderer Zielgruppen optimiert werden können. Auch 40-jährige Hausfrauen und 45-jährige Handwerker wurden schon erfolgreich durch Virals erreicht. Wie das funktioniert, verdeutliche ich demnächst am Beispiel eines Cases, bei dem eine sehr eng umrissene Zielgruppe außerhalb der typischen Peaks erreicht werden sollte.
Am 23. Januar 2007 um 11:38 Uhr
Warte schon länger auf das neue Beispiel. Besonders würde mich interessieren, welche Kampagne auf die 40-jährigen Hausfrauen abzielte? Spontex?
Bei den Handwerkern war es wohl AEG.
Am 26. Januar 2007 um 11:56 Uhr
Hallo Markus, die ARD und ZDF Studie aus dem Jahre 2006 spricht von einem etwas anderem Nutzerverhalten. Hier sind es primär 14- bis 19 jährige, die sich „Videos/Videodateien ansehen/herunterladen“, wozu ja gewisserweise auch Viral Clips zählen. Im Einzelnen heißt das: 14- bis 19 22,00%
20- bis 29 10,00%
30- bis 39 7,00%
40- bis 49 3,00%
50- bis 59 2,00%
60+ 1,00%
Wie erklärst du dir das?
Am 3. Februar 2007 um 15:05 Uhr
Hall Mirko, hallo Lorenz,
1) @Mirko: Das AEG-Beispiel kommt in den nächsten Wochen – leider verzögert sich die Statistik-Serie (aufwendiger zu schreiben) durch meinen vollen Reisekalender.
2) @Lorenz: Als wir den Artikel hier vorbereitet haben, gab es die Studie für 2006 noch gar nicht ;). Die neuen Zahlen erkläre ich mir mit einem typischen „Questionnaire Bias / Antwort für sozaile Erwünschteheit“ (siehe dazu auch E. Noelle-Neumanns Buch „Alle, nicht jeder“) – Berufstätige geben bei Befragungen ungern zu, dass sie sich während der Arbeitszeit unterhaltede Inhalte anschauen.